09.09.22

Anästhesisten diskutieren Erkenntnisse zu Covid-19 - Lehren aus der Pandemie prägen Hauptstadtkongress - Auch Notfallmedizin, Schmerztherapie und Palliativmedizin im Mittelpunkt

Nürnberg/Berlin. Während der Corona-Pandemie waren und sind die deutschen Anästhesistinnen und Anästhesisten eine tragende Säule in der Patientenversorgung. Zum ersten Mal seit Beginn von Corona treffen sie sich Mitte September in Berlin zu einem umfangreichen Erfahrungsaustausch.

Rund 3000 Anästhesistinnen und Anästhesisten, Pflegende, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus dem Rettungsdienst und andere Interessierte werden vom 14. bis zum 17. September zum „Hauptstadtkongress der DGAI für Anästhesiologie und Intensivtherapie“ (HAI) erwartet. Drei Tage lang stehen mehrere hundert Vorträge, Diskussionen und Workshops zu Narkose, Intensivmedizin, Notfallmedizin, Schmerztherapie und Palliativmedizin auf dem Programm.

„Schwere Covid-Verläufe verstehen“

Ein Schwerpunkt des Kongresses werden natürlich die Behandlung und die Folgen von Covid-19 sein: „Unter anderem wollen wir die schweren Covid-Verläufe nachbetrachten und verstehen, was da passiert ist“, sagt Kongresspräsident Professor Dr. Bernhard Graf, selbst Direktor der Klinik für Anästhesiologie am Universitätsklinikum Regensburg. Die ersten verlässlichen Daten, die nun zu den Krankheitsverläufen vorliegen, werden bei der Analyse helfen.

Besonders während der ersten Wellen hatten die Anästhesistinnen und Anästhesisten in den deutschen Krankenhäusern dafür gesorgt, das Kapazitäten zur Behandlung schwerkranker Covid-19-Patienten geschaffen werden konnten. OP-Programme wurden reduziert und zusätzliche Betten auf den Intensivstationen hergerichtet. Oft waren es Anästhesistinnen und Anästhesisten, die in Schutzkleidung an den Betten auf den Intensivstationen standen und dafür sorgten, dass die Patientinnen und Patienten behandelt und beatmet wurden, unterstützt von Schwestern und Pflegern aus der Intensivmedizin und der Anästhesie.

Neben Corona auch wieder andere Themen

Nachdem Corona den Anästhesie-Betrieb in den vergangenen Monaten sehr beherrscht hat, werden auf dem HAI aber auch wieder andere Themen aus dem Fachgebiet besprochen: Wie können Roboter dabei helfen, schwerkranke Patienten auf der Intensivstation zu mobilisieren oder wie kann der Antibiotika-Verbrauch auf einer Intensivstation reduziert werden, lauten zwei von vielen interessanten Fragestellungen aus der Intensivmedizin.

„Wir müssen uns den alten Patienten besonders widmen“

Im Bereich Anästhesie geht es auf dem Hauptstadtkongress unter anderem um kindgerechte Kommunikation bei Kinder-Narkosen, Messung von Narkosemittel-Konzentrationen in der Ausatemluft und Anästhesie bei besonders gebrechlichen Patienten: „Neben den Kindern sind die Alten eine Gruppe, der wir uns in der Anästhesie besonders widmen müssen“, sagt Professor Graf und nennt hier das Delir, den Zustand der Verwirrtheit, als ein Beispiel für Probleme nach einer Operation.

Die meisten der Notärztinnen und Notärzte, die mit Notarzt-Wagen und Blaulicht oder Rettungshubschraubern zu schwererkranken oder schwerverletzten Patientinnen und Patienten kommen, sind Anästhesistinnen und Anästhesisten. Auf dem HAI diskutieren die Notfallmedizinerinnen und Notfallmediziner unter anderem über die Bewältigung von Kinder-Notfällen, verschiedene Formen der Schmerzbekämpfung oder auch Rücksichtnahme auf Lesben, Schwule, Bisexuelle und Transgender im Einsatzgeschehen.

Einsatz von VR-Brillen zur Schmerzbekämpfung

Außerdem werden Schmerztherapeutinnen und -therapeuten auf dem HAI beispielsweise über den Einsatz von VR-Brillen zur Schmerzbehandlung sprechen, während sich Palliativmediziner zum Beispiel mit dem Thema „Suizidbeihilfe“ beschäftigen.

Aber nicht nur das Wiedersehen wird diesen Anästhesie-Kongress prägen: Im Rahmen der Tagung feiert zudem das „Deutsche Reanimationsregister“ sein 15-jähriges Bestehen mit inzwischen rund 375.000 Datensätzen zu Einsätzen mit Herz-Lungen-Wiederbelebung. Ein weiteres Jubiläum, das in Berlin begangen wird, ist der 20. Geburtstag von QUIPS, der größten Datenbank der Welt zur Verbesserung der Versorgung von Patienten mit akuten Schmerzen, vor allem nach Operationen.
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